Ein Leben wie im Spiegel

Ein Leben mit Demenz ist wie spiegelverkehrtes Essen; Bildquelle: Lukas/Malteser

Hildesheim (mhd). Wer sich die Hand bricht, kann keine Wasserkiste mehr schleppen. Das versteht jeder. Doch wie fühlt sich eine Demenz an? Am 18. und 19. September luden die Hildesheimer Malteser anlässlich des Welt-Alzheimertages am 21. September dazu ein, sich in ihrer Dienststelle auf einem „Demenz-Parcour“ in die Situation demenzkranker Menschen zu begeben.

Demenz ist eine Erkrankung, die das ganze Leben beeinträchtigt, nicht nur bestimmte Tätigkeiten. Das beginnt schon beim Anziehen: Für Betroffene gleicht es oft dem Versuch, Knöpfe mit einem dicken Grillhandschuh zu schließen. Und genau das vermittelt auch der Demenz-Parcours, den die Malteser von der Alzheimer-Gesellschaft Hildesheim ausgeliehen hatten. In verschiedenen Stationen führt er Teilnehmer durch den Alltag der fiktiven erkrankten Person „Erna“ – vom Anziehen über das Frühstücken, Kochen und Backen bis zum Verhalten im Straßenverkehr und dem Abendessen am Ende eines Tages. Viele dieser Stationen stellen den Besucher vor simple Aufgaben: Er soll etwas malen, zeichnen oder mit Messer und Gabel Stoffbälle auf Teller heben. Der Clou dabei: Das Ganze findet in einer Holzbox mit Spiegeln statt – die Teilnehmer sehen sich also seitenverkehrt. Und schon fordern einfachste Abläufe eine schwierige Gehirnakrobatik.

Das wollte Angelika Ahrens auch erreichen: „Bei diesem Parcours geht es darum, für die Erkrankung Demenz zu sensibilisieren und dadurch das Thema in die Breite zu tragen“, erklärt die Malteser-Koordinatorin für Menschen mit demenziellen Veränderungen. Unterstützt durch Karola Fahlteich, Koordinatorin des Projektes „Zeitweise“ der Diakoniestation Hildesheim, hatte sie Schulklassen zum Parcours eingeladen und war dabei auf einiges Interesse gestoßen. Im Rahmen des Wahlpflichtkurses „Wir helfen“ durchliefen am Mittwochmorgen 14 Schülerinnen und Schüler der 9. und 10. Klasse der Hildesheimer Marienschule den Parcours und am Donnerstag hatten Ahrens und Fahlteich die 11. Klasse der Hildesheimer Waldorfschule zu Gast.

Katharina und Leandra, beide aus der 10. Jahrgangsstufe der Marienschule, wurden im vergangenen Jahr von den Maltesern zu Junior-Demenzbegleitern ausgebildet. Die 15-Jährigen haben also schon gewisse Erfahrungen mit dem Krankheitsbild, wollten aber dennoch unbedingt am Parcours teilnehmen. „Danach kann man besser nachvollziehen, warum sich Betroffene so verhalten und weiß dann auch, was zu tun ist“, sagt Katharina und Leandra ergänzt nachdenklich: „Letztlich kann es irgendwann auch einen von uns treffen.“

Ganz begeistert vom Einsatz und der Neugier seiner Schülerinnen und Schüler zeigte sich denn auch Kay Rouwen, Lehrer für Mathematik und Französisch an der Marienschule und Koordinator der 9. Jahrgangsstufe, der seine Schützlinge am Mittwoch begleitete. „Sie sind alle eifrig dabei“, lobte er – um sich danach der nächsten Aufgabe zu widmen.


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