Hildesheim (mhd). Wenige Quadratzentimeter poliertes Messing für ein zerstörtes Leben – gleich ob Jude oder zum Juden erklärt: Die „Stolpersteine“ in Hildesheim erinnern an die entrechteten und ermordeten Opfer des Nationalsozialismus. Am Mittwochabend, 29. September, machte sich eine Gruppe von Maltesern bei einem Stolpersteinrundgang auf den Weg in die jüngere Geschichte der Bischofsstadt.
Er engagierte sich als Kunstmäzen, spendete für karitative Einrichtungen und war für seine Verdienste um Hildesheim zum Ehrenbürger der Stadt ernannt worden. All das half ihm nichts: Max Leeser, Gründer und Aufsichtsratsvorsitzender der „Hildesheimer Bank“ wurde unter den Nationalsozialisten ebenso entrechtet und verfolgt wie alle Juden. Durch seinen Tod am 17. Mai 1935 blieb ihm die spätere Deportation und Ermordung erspart. Seine Frau Selma dagegen flüchtete nach Hannover und nahm sich dort angesichts der drohenden Deportation am 4. September 1941 das Leben.
Ihr Stolperstein am Angoulemeplatz vor der ehemaligen „Hildesheimer Bank“ und heutigen Deutschen Bank war der Ausgangspunkt des Stolpersteinrundgangs, bei dem die Hildesheimer Malteser durch den profilierten Historiker Dr. Hartmut Häger geführt wurden. Kenntnisreich und engagiert, aber auch mit einer großen Portion Nachdenklichkeit zeigte der ehemalige Lehrer den 13 Maltesern ausgewählte Stolpersteine entlang der Fußgängerzone und wusste zu jedem Namen interessante biographische Details zu erzählen, beklemmende Geschichten von Entrechtung und Vertreibung und leider meist vom Tod.
Doch es gibt auch Biografien, die Hoffnung machen, jene von Guy Stern etwa, der 1922 in Hildesheim als Günther Stern geboren wurde, nach seiner Flucht in die USA Literaturwissenschaften lehrte und auch heute noch regelmäßig seine Geburtsstadt besucht, wo er inzwischen Ehrenbürger ist. „Viele Juden sind an ihrem Schicksal zerbrochen, er ist daran gewachsen“, kommentierte Häger diesen interessanten Lebensweg.
Es ist das Verdienst des Künstlers Gunter Demnig, den Opfern der Nationalsozialisten durch seine Stolpersteine wieder einen Namen gegeben zu haben. Mehr als 75.000 Steine hat der Künstler seit 1996 auf Straßen verlegt, meist vor dem letzten selbstgewählten Aufenthaltsort der Opfer. Diese Steine tragen in der Regel den Namen des Opfers und, soweit bekannt, das Geburts- und Todesdatum samt einer kurzen Angabe zu seinem Schicksal. In Hildesheim wurden seit 2008 bislang 152 Stolpersteine verlegt. Weitere sollen folgen.
Poliertes Messing für ein Leben
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